Bremsen

1. Teil - Was sind die Vor- und Nachteile von Scheibenbremsen generell?

Scheibenbremse oder Felgenbremse? Hydraulische Bremsen oder Mechanische? Große Bremsscheiben oder Kleine?

 

Fragen, die sich auch Scooterfahrer und Fahrerinnen stellen - früher oder später.

Das Wichtigste gleich zu Beginn.

 

Das sind die Vorteile:

  • Durch ihre höhere Flächenpressung (das ist die Kraft pro Kontaktfläche zwischen zwei Festkörpern - Bremsscheibe und Bremsbelag) ist die Bremsleistung von Scheibenbremsen bei Nässe viel besser als bei Felgenbremsen.
  • Der Kraftaufwand, den die Hand für die selbe Bremsleistung zu erbringen hat, ist bei Scheibenbremsen bis zu 20% geringer als bei Felgenbremsen.
  • Kein Felgenverschleiß und kein Schleifen der Bremse an einer Felge mit einem "Achter".
  • Weniger schmutzanfällig als Felgenbremsen. 
  • Gute Eignung für dicke Reifen (z.B. Fat-Bikes)
  • Kein Überhitzen der Felgen auf langen Abfahrten, dadurch Einsatz moderner, sehr leichter Schlauchsysteme auf Basis von thermoplastischen Kunststoffen möglich.
  • Längere Haltbarkeit der Bremsbeläge (in der Regel) 

Das sind die Nachteile:

  • Bei langen Abfahrten oder schwer beladenen Fahrrädern können statt der Felgen jetzt die Bremsscheiben überhitzen.
  • Scheibenbremsen sind durch ihre Bauart schwerer als Felgenbremsen und meist technisch komplexer.
  • Dadurch sind sie teurer als Felgenbremsen, insbesondere hydraulische Scheibenbremsen.
  • Sie sind empfindlich bei Beschädigungen, die leicht beim Transport entstehen können.
  • Funktionsbedingt belasten sie Naben und Speichen stärker.
  • Scheibenbremsen müssen, wie beim Auto auch, eingebremst werden und haben einen höheren Wartungsaufwand.

2. Teil -  Was ist besser, mechanische oder hydraulische Scheibenbremsen?

Der größte Unterschied zwischen mechanischen und hydraulischen Bremsen liegt in der Art und Weise wie der Bremsdruck ausgeübt wird. Mechanische Scheibenbremsen werden, genauso wie die bekannte Felgenbremse, mit einem Bowdenzug, einem aus mehreren feinen Drähten gedrehten dünnen Kabel, gebremst. Bei hydraulischen Scheibenbremsen übernimmt das die Bremsflüssigkeit im Bremssystem. So gibt es bei der hydraulischen Bremse keine Reibungsverluste wie bei mechanischen Bremsen, denn je länger der Bowdenzug ist, umso größer ist die systembedingte Reibung. Folglich lassen sich hydraulische Bremsen feiner in der Bremskraft dosieren und ihre Bremskraft ist direkter und besser. Die Konsequenz: hydraulische Bremsen sind im Aufbau komplexer und teurer. 

 

Bauartbedingt arbeiten mechanische Scheibenbremsen einseitig, d.h. nur ein beweglicher Kolben drückt die Bremsscheibe gegen den fest im Sattel angebrachten inneren Bremsbelag. Hydraulische Bremsen haben zwei bewegliche Kolben, die die Bremsscheibe beidseitig, symmetrisch abbremsen. 

 

Die sehr zuverlässig arbeitenden hydraulischen Bremsen benötigen etwas mehr Wartungsaufwand, für den auch spezielles Werkzeug benötigt wird. Denn nur so kann die bei der Erstmontage wichtige Entlüftung der Bremsen vorgenommen werden. Bei der Entlüftung wird Luft aus dem Bremssystem gedrückt, damit die Bremse einwandfrei und ohne Bremskraftverlust arbeitet. Dieser Vorgang muss auch bei späterer Wartung wiederholt werden. Dahingegen sind die Bowdenzüge der mechanischen Scheibenbremsen anfällig für Rost und Schmutz und im Winter für Vereisung, nur lassen sich die Bremsen insgesamt leichter reparieren.

3. Teil - Was ist bei den Bremsflüssigkeiten der hydraulischen Bremsen zu beachten? Oder wie zerstöre ich gleich die ganze Bremse!

Es sind verschiedene Hydraulikflüssigkeiten bei den Bremsenherstellern im Einsatz und ein ganz deutliches NEIN, man sollte die Flüssigkeiten weder mischen noch von den empfohlenen Sorten abweichen. Warum?

Einige Hersteller verwenden DOT-Bremsflüssigkeit, wie sie auch beim Auto Verwendung findet. Andere Bremsenhersteller verwenden Mineralöl. Soweit so gut, nur vertragen sich die beiden Flüssigkeiten nicht miteinander! Zudem gibt es auch noch unterschiedliche DOT-Flüssigkeiten. Die Bremsenhersteller Avid/SRAM, Formula, Hayes und Hope verwenden entweder DOT 4 oder 5.1. Beide sind auf Glykolbasis aufgebaut und keinesfalls mit DOT 5, das auf Silikon basiert, kompatibel!

 

Der Vorteil aller DOT-Flüssigkeiten: sie haben einen hohen Siedepunkt, d.h. die Flüssigkeit siedet bei erhitzten Bremsen nicht so schnell, es bilden sich keine oder weniger Blasen im System. Nachteil: DOT-Flüssigkeit ist giftig, ätzend für Haut und Rahmenlack (schnell abwischen!) und sie bindet Wasser (ist hygroskopisch). Das kann bei Frost dazu führen, dass in das Bremssystem eingedrungenes Wasser friert und die Funktion der Bremse beeinträchtigt. DOT 4 ist sehr weit verbreitet und überall zu kaufen, DOT 5.1 hat einen höheren Siedepunkt. 4 und 5.1 sind untereinander austauschbar. 

 

Die mineralölbasierten Systeme von Magura, Shimano und Tektro sind chemisch neutral und ziehen kein Wasser. Daher können diese Hydraulikflüssigkeiten sehr lange im System verbleiben, ohne getauscht werden zu müssen. Auch scheint ein Tausch der Mineralöle untereinander möglich zu sein, wie verschiedene Mechaniker (so auch meiner) sagen. Der Siedepunkt liegt niedriger als bei DOT-Flüssigkeiten.

 

Und was ist, wenn man DOT- und Mineralölsysteme falsch befüllt?

Das ist der GAU für beide Systeme, egal, was wo falsch eingefüllt wurde. DOT-Flüssigkeit in einem Mineralölsystem weicht alle Dichtungen auf und macht sie unbrauchbar. Sämtliche Dichtungen müssen ausgebaut und getauscht werden. Und Mineralöl in DOT-Systemen lässt alle Dichtungen anschwellen, sie müssen ebenfalls getauscht werden. Zudem sind die Bohrungen bei DOT-Systemen kleiner und das eher dichtere Mineralöl passt nicht gut durch diese Bohrungen, es käme also zudem zu Funktionseinschränkungen.

4 . Teil - Kann man einen Scooter oder ein Fahrrad auch nachträglich mit Scheibenbremsen ausrüsten?

Das geht nur, wenn die Gabel und/oder auch der Rahmen über die entsprechenden Aufnahmen für Scheibenbremsen verfügen. Das sind jeweils zwei Befestigungspunkte in der Nähe des linken Ausfallendes. Auch kann man seine bisher verwendete Feder- oder Starrgabel durch eine Gabel ersetzen, die mit den entsprechenden Aufnahmen für Scheibenbremsen ausgelegt ist. Wenn jedoch der Rahmen, egal ob Bike oder Scooter, keine Aufnahmen hat, dann können hinten keine Scheibenbremsen montiert werden. Bei Scootern muss auch die Breite der Laufradaufnahme entsprechend ausgelegt sein. Zudem müssen auch die Laufräder Disc-tauglich sein. Alles in allem ein ziemlicher Aufwand, dem man besser direkt beim Kauf des Rades/Scooters aus dem Weg geht und nicht am falschen Ende spart.

5. Teil - Was ist der Unterschied zwischen metallischen und organischen Bremsbelägen für Scheibenbremsen?

„Organische“ Bremsbeläge sind keinesfalls aus organischem Material hergestellt oder entsprechen ökologischen Anforderungen. Sie enthalten lediglich weniger Metallelemente als die metallischen Beläge. Stattdessen finden sich darin mehr Fiberglas und Harz. Der Vorteil der „Organischen“: sie bremsen besser bei Nässe und sind leiser, die „Metallischen“ halten dafür länger aber quietschen auch etwas mehr.

 

Scheibenbremsen müssen eingebremst werden, unbedingt. Insbesondere die organischen Beläge müssen so vorbereitet werden. Auskunft gibt dazu die Bedienungsanleitung. Das Einbremsen sollte aber sicherheitshalber fernab vom Verkehr durchgeführt werden. Und immer nur mit einer Bremse arbeiten, damit sicherheitshalber die zweite Bremse verfügbar ist. 

 

Quietschen Bremsen nach dem Einfahren noch?

Das kann, trotz richtigem Einbremsen, an verunreinigten Belägen oder Scheiben liegen. Die Beläge können mit feinem Sandpapier vorsichtig gereinigt und leicht angeraut werden, die Scheiben reinigt man am besten mit Alkohol oder speziellen Bremsenreinigern. Vorsicht mit den Spezialreinigern. Sie dürfen keinesfalls mit den Gummidichtungen der Bremskolben im Bremssattel in Berührung kommen, da sonst Undichtigkeiten entstehen können.