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Ein Artikel zum Zughundesport – schade, denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Da habe ich zufälligerweise einen Artikel zum Zughundesport in einer Zeitschrift entdeckt. Schön geschrieben, aber so voller Allgemeinplätze, dass ich mich genötigt sehe diese aufzuklären. Und nein, ich werde nicht den Autor oder die Autorin nennen und auch nicht die Zeitschrift, denn es geht mir hier nicht um das Bashing sondern die richtige Information.

 

Den nordischen Rassen ist das Klima hier [Anm.: in Deutschland] viel zu warm.“ ...

Falsch. Nordische Rassen sind in ihrer Verbreitung nicht auf die polaren und subpolaren Zonen begrenzt, es gibt sie in allen Klimazonen und sie sind diesbezüglich sehr anpassungsfähig. Und auch in Alaska, wo die Jahresmitteltemperatur natürlich deutlich niedriger ist als bei uns, werden Sommertemperaturen bis zu 30 Grad Celsius erreicht.

Geeignet [Anm.: für den Zughundesport] sind fast alle Hunderassen ab 20 kg Körpergewicht.“

Sitka, 4 Jahre alt, 17,5 kg
Sitka, 4 Jahre alt, 17,5 kg

Ich weiß nicht, wer diese unsägliche Gewichtsgrenze von 20 kg eingeführt hat, sie ist aber völlig aus der Luft gegriffen. Ich habe diesbezügliche Aussagen auch nicht in moderner oder traditioneller Literatur zum Schlittenhundesport gefunden. Gerade die ‚Long Distance Hunde‘, die auf den großen Rennen (z.B. das Iditarod mit 1600 km) täglich 200 km und mehr über viele aufeinanderfolgende Tage absolvieren, sind häufig leichter oder nur um 20 kg schwer. Kleine und leichte Hunde haben den deutlichen Vorteil, sich viel schneller zu erholen als schwere und große Hunde.  So war meine Sitka vor Jahren im Training zum Iditarod und hatte da ein Gewicht von ca. 17-18 kg. Auch heute ist sie maximal 19 kg leicht. Und Ayla, etwas Größer und vor allem länger als Sitka, hat auch nur ein Gewicht von knapp 20 kg.

Je nach Felldichte sollte die Außentemperatur 10-15 Grad nicht überschreiten.

Diese Grenze von 10-15 Grad Celsius hat nicht allein mit der Felldichte zu tun. Entscheidend ist, dass es nicht zu einem anstrengungsinduzierten Hitzschlag kommt. Der setzt ein, wenn die Körpertemperatur des Hundes 41 °C erreicht und von selbst nicht mehr abgekühlt werden kann. Und zur reinen Temperatur kommt auch die Luftfeuchtigkeit hinzu, denn eine bereits sehr feuchte und warme Luft kann nur wenig zusätzliche abgehechelte Wärme aufnehmen. So kann es auch schon deutlich unter 15 °C bereits ungeeignet sein. Die Temperaturgrenze ist mehr ein Anhalt und gilt für die eher dünner befellten Alaskans ebenso, wie für dichter befellte Siberier oder z.B. Border Collies und ist zudem sehr hundeindividuell. So kommen sehr gut trainierte Hunde und Rassen wie Greyster oder Hounds mit höheren Temperaturen eher zu Recht als viele andere Rassen oder Mischlinge. Hier gilt es individuell die Grenze für die Hunde zu finden, wir haben sie für uns bei 13 Grad Celsius gesetzt.

Da Hunde nicht schwitzen können und ihre Körpertemperatur nur durch hecheln regeln, ist vor dem Laufen und auch in den Pausen ausreichen Wasser nötig.

Dem stimme ich weitestgehend zu, insbesondere in den Pausen ist die Wassergabe meist wichtiger als ein Snack. Es gilt der Grundsatz „Jedes im Rennen verlorene Gramm an Hundegewicht sollte durch Wasser ausgeglichen werden.“ Da Hunde aber kein Speicherorgan für Wasser haben, ist es fraglich, was das Wassergeben eine Stunde vor einer Tour bringen soll. Überschüssiges Wasser, das nicht in den Zellen und im Blut gespeichert werden kann, landet nach ca. 15-20 Minuten in der Blase und wird ausgeschieden. Somit ist es vor dem Rennstart wieder weg. Daher ist eine konstante „Durchfeuchtung“ des Hundes wesentlich wichtiger als kurzfristige Wassergaben. Seinen Ursprung könnte diese Idee des „Wässerns vor dem Rennen“ in den Kaltzonen haben, in denen Schlittenhunde traditionell leben, denn hier ist die Rundumverfügbarkeit von Wasser außerhalb der Mahlzeiten ein Problem – es gefriert!

Ein Zuggeschirr leitet den Zug auf die Brust des Hundes und lässt die Gelenke und Schultern komplett frei.

Das stimmt soweit, allerdings wird der Zug bei den Langgeschirren (X-Back, Faster etc.) über die Rücken- und Bauchmuskulatur auf den Zugpunkt abgeleitet. Bei den Kurzgeschirren (Safety oder Long Distance) ist diese Eigenschaft weniger bis gar nicht vorhanden, weswegen diese Geschirre für Sprintrennen weniger geeignet sind, da der Hund hier nicht seine volle Kraft einsetzen sollte und eher mit mäßigen Geschwindigkeiten läuft. Nicht umsonst heißt eines der Kurzgeschirr „Long Distance“ und nicht „Sprint Distance“.

[Die Zugleine] „ ... sollte mit einem Panik-Haken („Panic Snap“) befestigt sein, da im Notfall die Verbindung schnell gelöst werden kann.“ 

Wenn hier mit „Notfall“ ein Sturz gemeint ist, dann ist der Panic Snap überflüssig. Stürze laufen so schnell ab, dass der Snap kaum rechtzeitig gezogen werden kann. Hier gibt er dem Fahrer m.E. eine Pseudosicherheit bzw. stellt sogar einen Schwachpunkt dar, da die Zugleine ja auch unbewusst oder aus Unachtsamkeit gelöst werden kann. Als Startkarabiner, an dem ein großes Team vor dem Start gesichert wird und der sich einfach öffnen lässt, hat er sehr wohl seine Berechtigung.

„[Geschirr-] Anprobe oder Maßanfertigung erforderlich, Onlinekauf nicht empfehlenswert.“

Ja, anprobieren sollte man Geschirre immer und Maßanfertigungen sind gelegentlich auch nötig, aber es spricht nichts gegen einen Onlinekauf. Der war bis vor wenigen Jahren mangels niedergelassenen Händlern Standard. Nahezu alle Onlinehändler bieten einen Anprobier-Bestellservice an, d.h. man kann von vornherein mehrere Größen zur Auswahl bestellen und überzählige, nicht passende Geschirre zurücksenden. Unabhängig vom generellen Rückgaberecht beim Onlinekauf. Wie die richtige Passform ist, sollte man beim Onlinekauf allerdings wissen.

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